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Das neue BVergG 2017 – Begutachtungsentwurf veröffentlicht!
Dieser ist abzurufen unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/ME/ME_00292/fname_615170.pdf.
Die wichtigsten Eckpunkte des Entwurfes sind die Folgenden:
Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung als (quasi) Regelverfahren:
Die Voraussetzungen für die Wahl des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung werden stark gelockert. Mit der erweiterten Anwendungsmöglichkeit soll öffentlichen Auftraggebern eine flexiblere Form der Beschaffung zur Verfügung stehen.
Vertragsänderungen:
Erstmals werden die vom EuGH (insbesondere in der Rechtssache Pressetext) entwickelten Grundsätze zur Beurteilung der Zulässigkeit einer nachträglichen Vertragsänderung im Gesetz festgeschrieben. Wichtig ist dabei insbesondere die sog. "safe harbor"-Klausel, wonach Änderungen in geringen %-Sätzen des Auftragswertes jedenfalls zu keiner Neuvergabe führen.
Verpflichtende E-Vergabe:
Ab Oktober 2018 (für zentrale Beschaffungsstellen ab April 2017) gilt im Oberschwellenbereich die Verpflichtung zur Durchführung "vollelektronischer" Vergabeverfahren (von der Bekanntmachung bis zur Angebotsabgabe). Damit soll ein einfacherer, effizienterer und transparenterer Beschaffungsprozess sichergestellt werden.
Neue Verfahrensart Innovationspartnerschaft:
Das neue Verfahren der Innovationspartnerschaft ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern, "innovative Produkte bzw Dienst- oder Bauleistungen", die noch nicht am Markt verfügbar sind, zu entwickeln bzw zu beschaffen ("F&E-Vergabe"). Ziel der Innovationspartnerschaft muss die Entwicklung eines innovativen Produkts beziehungsweise einer innovativen Dienstleistung oder Bauleistung und der ananschließende Erwerb der daraus hervorgehenden Lieferungen, Dienstleistungen oder Bauleistungen sein. Dies kann mit einem oder mehreren Partnern erfolgen.
Verwaltungskooperationen:
Die Einführung von Verwaltungskooperationen (auch bekannt als "öffenlich-öffentliche Partnerschaft" oder "interkommunale Zusammenarbeit") bietet öffentlichen Stellen die Möglichkeit, ohne Ausschreibung Verträge miteinander zu schließen (auch diese Ausnahme stammt aus der Rechtsprechung des EuGH und wird nun erstmals kodifiziert). Voraussetzung ist, dass die öffentlichen Stellen durch ihre Kooperation "gemeinsame Ziele" erfüllen, die öffentlichen Interessen dienen.
Erweiterung der In-House-Ausnahme:
Die Ausnahmebestimmung betreffend die In-House-Vergabe wird erweitert. Öffentliche Auftraggeber können Aufträge durch einen Rechtsträger ohne Aus-schreibung erbringen lassen, sofern sie
Diese Ausnahmeregelung gelten nunmehr auch für Vergaben von der Tochtergesellschaft an die kontrollierende Muttergesellschaft ("bottom-up") und für Vergaben zwischen Schwesterngesellschaften desselben kontrollierenden öffentlichen Auftraggebers.
Legalisiertes Forum-Shopping:
Österreichische öffentliche Auftraggeber haben nunmehr die Möglichkeit, Vergabeverfahren gemeinsam mit öffentlichen Auftraggebern aus anderen EU- bzw EWR-Mitgliedstaaten durchzuführen. Dazu haben die Vertragsparteien ihre konkreten Zuständigkeiten, das anwendbare nationale Vergaberecht und die interne Organisation des Vergabeverfahrens festzulegen.
Neue Meldepflichten bei Bauaufträgen:
Auftraggeber sind nunmehr dazu verpflichtet, nach der Zuschlagserteilung eines Bauauftrages (bzw der Vergabe eines Loses eines Bauauftrages) mit einem Auf-tragswert von über EUR 100.000 auftragsbezogene Daten in die Baustellendatenbank der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse einzutragen (neben Name des Auftragnehmers und Auftragssumme zB auch den Namen des Subunternehmers und dessen Auftragsteil).
Verschärfung der Ausschlussgründe:
Zusätzlich zu den bisher festgelegten Ausschlussgründen sind Unternehmen nunmehr auch bei Vorliegen potentieller Interessenskonflikte zwischen ihnen und dem Auftraggeber vom Vergabeverfahren auszuschließen. Weiters sind Bieter (bereits) dann auszuschließen, wenn der Auftraggeber "über hinreichend plausible Anhaltspunkte" für wettbewerbswidrige Abreden verfügt.
Als weiterer Ausschlussgrund wird die mangelhafte Erfüllung wesentlicher Anfor-derungen im Rahmen eines früheren Auftrages durch das Unternehmen festgelegt. Erfüllt etwa ein Auftragnehmer, der in mehreren Projekten für einen Auftraggeber tätig ist, derartige wesentliche Anforderungen (laut Erläuterungen "Lieferungsausfall oder Leistungsausfall" oder ein "Fehlverhalten, das ernste Zweifel an der Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers aufkommen lässt") nicht, so muss der Auftraggeber wohl alle bestehenden Verträge mit dem Auftragnehmer kündigen (widrigenfalls ihm eine Verwaltungsstrafe droht – siehe unten).
Auszuschließen sind darüber hinaus nunmehr auch Unternehmen, die versuchen, die Entscheidungsfindung des Auftraggebers zu beeinflussen, an vertrauliche Informationen zu gelangen oder fahrlässig (!) irreführende Informationen an den Auftraggeber übermitteln.
Neue Strafbestimmung für die Nicht-Kündigung von Verträgen:
Verträge sind (nunmehr) unverzüglich zu kündigen, wenn der Auftragnehmer zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung vom Vergabeverfahren auszuschließen gewesen wäre oder der Europäische Gerichtshof (im Rahmen eines Vertragsverlet-zungsverfahrens durch die Kommission) die Unzulässigkeit der Vergabe an den Auftragnehmer festgestellt hat. Die Nicht-Kündigung stellt eine Verwaltungsübertretung dar, welche eine Geldstrafe bis zu 30% des Auftragswertes nach sich zieht.
Kredit- und Darlehensaufnahme unterliegt nicht mehr dem Vergaberecht
Unabhängig vom Zweck einer Kredit- oder Darlehensaufnahme unterliegen diese nun generell nicht mehr dem Vergaberecht.
Soziale und andere besondere Dienstleistungen:
Unter gleichzeitiger Aufgabe der bisherigen Einteilung in "prioritäre" und "nicht-prioritäre" Dienstleistungen werden die Regelungen für die nunmehr sogenannten "Sozialen und anderen besondere Dienstleistungen" vereinfacht; solche Dienstleistungen betreffen etwa das Gesundheits- und Sozialwesen, den Bildungsbereich, Rechtsberatungsleistungen ua. Überhaupt vom Anwendungsbereich des BVergG ausgenommen werden Dienstleistungsaufträge über nichtwirtschaftliche Dienst-leistungen von allgemeinem Interesse (laut Erläuterungen etwa "Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung (wie zB Kur- und Rehableistungen)").
Einige Inhalte der Richtlinien wurden bereits mit der BVergG Novelle 2015/2016 umgesetzt:
Ob und inwieweit es im Rahmen der Begutachtung sowie aufgrund politischer Verhandlungen noch zu Änderungen in den Details der oben angeführten Neuerungen kommen wird, werden wir selbstverständlich zeitnah mit einem weiteren Newsletter berichten.
Die oben stehend kurz angerissenen Themen und ihre Auswirkungen auf die Vergabepraxis werden wir in einer Informationsveranstaltung in unseren Kanzleiräumlichkeiten noch ausführlich beleuchten. Eine entsprechende Einladung dazu erhalten Sie noch gesondert.
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Die wichtigsten Eckpunkte des Entwurfes sind die Folgenden:
Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung als (quasi) Regelverfahren:
Die Voraussetzungen für die Wahl des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung werden stark gelockert. Mit der erweiterten Anwendungsmöglichkeit soll öffentlichen Auftraggebern eine flexiblere Form der Beschaffung zur Verfügung stehen.
Vertragsänderungen:
Erstmals werden die vom EuGH (insbesondere in der Rechtssache Pressetext) entwickelten Grundsätze zur Beurteilung der Zulässigkeit einer nachträglichen Vertragsänderung im Gesetz festgeschrieben. Wichtig ist dabei insbesondere die sog. "safe harbor"-Klausel, wonach Änderungen in geringen %-Sätzen des Auftragswertes jedenfalls zu keiner Neuvergabe führen.
Verpflichtende E-Vergabe:
Ab Oktober 2018 (für zentrale Beschaffungsstellen ab April 2017) gilt im Oberschwellenbereich die Verpflichtung zur Durchführung "vollelektronischer" Vergabeverfahren (von der Bekanntmachung bis zur Angebotsabgabe). Damit soll ein einfacherer, effizienterer und transparenterer Beschaffungsprozess sichergestellt werden.
Neue Verfahrensart Innovationspartnerschaft:
Das neue Verfahren der Innovationspartnerschaft ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern, "innovative Produkte bzw Dienst- oder Bauleistungen", die noch nicht am Markt verfügbar sind, zu entwickeln bzw zu beschaffen ("F&E-Vergabe"). Ziel der Innovationspartnerschaft muss die Entwicklung eines innovativen Produkts beziehungsweise einer innovativen Dienstleistung oder Bauleistung und der ananschließende Erwerb der daraus hervorgehenden Lieferungen, Dienstleistungen oder Bauleistungen sein. Dies kann mit einem oder mehreren Partnern erfolgen.
Verwaltungskooperationen:
Die Einführung von Verwaltungskooperationen (auch bekannt als "öffenlich-öffentliche Partnerschaft" oder "interkommunale Zusammenarbeit") bietet öffentlichen Stellen die Möglichkeit, ohne Ausschreibung Verträge miteinander zu schließen (auch diese Ausnahme stammt aus der Rechtsprechung des EuGH und wird nun erstmals kodifiziert). Voraussetzung ist, dass die öffentlichen Stellen durch ihre Kooperation "gemeinsame Ziele" erfüllen, die öffentlichen Interessen dienen.
Erweiterung der In-House-Ausnahme:
Die Ausnahmebestimmung betreffend die In-House-Vergabe wird erweitert. Öffentliche Auftraggeber können Aufträge durch einen Rechtsträger ohne Aus-schreibung erbringen lassen, sofern sie
- über den Rechtsträger eine ähnliche Kontrolle ausüben, wie über ihre eigenen Dienststellen,
- mehr als 80% der Tätigkeit des kontrollierenden Rechtsträgers für den öffentlichen Auftraggeber erfolgt und
- keine direkte private Kapitalbeteiligung am kontrollierten Rechtsträger besteht.
Diese Ausnahmeregelung gelten nunmehr auch für Vergaben von der Tochtergesellschaft an die kontrollierende Muttergesellschaft ("bottom-up") und für Vergaben zwischen Schwesterngesellschaften desselben kontrollierenden öffentlichen Auftraggebers.
Legalisiertes Forum-Shopping:
Österreichische öffentliche Auftraggeber haben nunmehr die Möglichkeit, Vergabeverfahren gemeinsam mit öffentlichen Auftraggebern aus anderen EU- bzw EWR-Mitgliedstaaten durchzuführen. Dazu haben die Vertragsparteien ihre konkreten Zuständigkeiten, das anwendbare nationale Vergaberecht und die interne Organisation des Vergabeverfahrens festzulegen.
Neue Meldepflichten bei Bauaufträgen:
Auftraggeber sind nunmehr dazu verpflichtet, nach der Zuschlagserteilung eines Bauauftrages (bzw der Vergabe eines Loses eines Bauauftrages) mit einem Auf-tragswert von über EUR 100.000 auftragsbezogene Daten in die Baustellendatenbank der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse einzutragen (neben Name des Auftragnehmers und Auftragssumme zB auch den Namen des Subunternehmers und dessen Auftragsteil).
Verschärfung der Ausschlussgründe:
Zusätzlich zu den bisher festgelegten Ausschlussgründen sind Unternehmen nunmehr auch bei Vorliegen potentieller Interessenskonflikte zwischen ihnen und dem Auftraggeber vom Vergabeverfahren auszuschließen. Weiters sind Bieter (bereits) dann auszuschließen, wenn der Auftraggeber "über hinreichend plausible Anhaltspunkte" für wettbewerbswidrige Abreden verfügt.
Als weiterer Ausschlussgrund wird die mangelhafte Erfüllung wesentlicher Anfor-derungen im Rahmen eines früheren Auftrages durch das Unternehmen festgelegt. Erfüllt etwa ein Auftragnehmer, der in mehreren Projekten für einen Auftraggeber tätig ist, derartige wesentliche Anforderungen (laut Erläuterungen "Lieferungsausfall oder Leistungsausfall" oder ein "Fehlverhalten, das ernste Zweifel an der Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers aufkommen lässt") nicht, so muss der Auftraggeber wohl alle bestehenden Verträge mit dem Auftragnehmer kündigen (widrigenfalls ihm eine Verwaltungsstrafe droht – siehe unten).
Auszuschließen sind darüber hinaus nunmehr auch Unternehmen, die versuchen, die Entscheidungsfindung des Auftraggebers zu beeinflussen, an vertrauliche Informationen zu gelangen oder fahrlässig (!) irreführende Informationen an den Auftraggeber übermitteln.
Neue Strafbestimmung für die Nicht-Kündigung von Verträgen:
Verträge sind (nunmehr) unverzüglich zu kündigen, wenn der Auftragnehmer zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung vom Vergabeverfahren auszuschließen gewesen wäre oder der Europäische Gerichtshof (im Rahmen eines Vertragsverlet-zungsverfahrens durch die Kommission) die Unzulässigkeit der Vergabe an den Auftragnehmer festgestellt hat. Die Nicht-Kündigung stellt eine Verwaltungsübertretung dar, welche eine Geldstrafe bis zu 30% des Auftragswertes nach sich zieht.
Kredit- und Darlehensaufnahme unterliegt nicht mehr dem Vergaberecht
Unabhängig vom Zweck einer Kredit- oder Darlehensaufnahme unterliegen diese nun generell nicht mehr dem Vergaberecht.
Soziale und andere besondere Dienstleistungen:
Unter gleichzeitiger Aufgabe der bisherigen Einteilung in "prioritäre" und "nicht-prioritäre" Dienstleistungen werden die Regelungen für die nunmehr sogenannten "Sozialen und anderen besondere Dienstleistungen" vereinfacht; solche Dienstleistungen betreffen etwa das Gesundheits- und Sozialwesen, den Bildungsbereich, Rechtsberatungsleistungen ua. Überhaupt vom Anwendungsbereich des BVergG ausgenommen werden Dienstleistungsaufträge über nichtwirtschaftliche Dienst-leistungen von allgemeinem Interesse (laut Erläuterungen etwa "Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung (wie zB Kur- und Rehableistungen)").
Einige Inhalte der Richtlinien wurden bereits mit der BVergG Novelle 2015/2016 umgesetzt:
- Stärkung des "Bestbieterprinzips"
- Volle Transparenz und Kontrolle bei Subunternehmern sowie Möglichkeit der Beschränkung bei der Berufung auf Mittel Dritter
- Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping durch verpflichtende AVRAG-/LSD-BG-Abfrage
- Erleichterter Zugang für KMUs zu Aufträgen im Oberschwellenbereich durch verbesserte Kleinlosregelung
Ob und inwieweit es im Rahmen der Begutachtung sowie aufgrund politischer Verhandlungen noch zu Änderungen in den Details der oben angeführten Neuerungen kommen wird, werden wir selbstverständlich zeitnah mit einem weiteren Newsletter berichten.
Die oben stehend kurz angerissenen Themen und ihre Auswirkungen auf die Vergabepraxis werden wir in einer Informationsveranstaltung in unseren Kanzleiräumlichkeiten noch ausführlich beleuchten. Eine entsprechende Einladung dazu erhalten Sie noch gesondert.
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