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Französischer Arbeitsrechtsexperte Matthias Rubner nimmt Emmanuel Macrons Arbeitsrechtsreform unter die Lupe

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat eine weitreichende Reform des französischen Arbeitsrechts versprochen – und zur Jahreswende 2017/2018 nun auch geliefert: hunderte Seiten des „Code du travail“ wurden gestrichen, gekürzt oder neu verfasst. Es ist die umfangreichste Reform der letzten 10 Jahre. Das Ziel: das als sehr starr, komplex und undurchsichtig verrufene französische Arbeitsrecht moderner und flexibler zu gestalten. Und: Frankreich für Investoren wieder attraktiver zu machen.  

Ist das gelungen? – „Größtenteils ja“, antwortet Matthias Rubner, französischer Rechtsanwalt und Partner bei Latham & Watkins in Paris.          

Die umfangreiche Reform betrifft v.a. höhere Rechtssicherheit im Kündigungsrecht für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, vereinfachte Strukturen für die Arbeitnehmervertretungen, mehr Flexibilität auf Betriebsebene und ein erleichterter Abschluss von Betriebsvereinbarungen.    

So war  das französische Kündigungsrecht ein Abfindungsmodell und für ausländische Investoren aufgrund hoher Risiken, unschätzbarer Folgen und jahrelanger Prozesse ein rotes Tuch.  Wer einen Mitarbeiter ohne schwerwiegenden Grund kündigte, musste Schadensersatz zahlen. Die Höhe dieses Schadensersatzes bemaß sich an Betriebszugehörigkeit, Monatsdurchschnittsgehalt und anderen Faktoren, die  zu einer sehr unterschiedlichen Handhabe durch die lokalen Arbeitsgerichte führte. Hier hat sich einiges geändert: Schadenersatzansprüche für angeblich ungerechtfertigte Kündigungen sind nun gedeckelt, was für beide Parteien mehr Rechtssicherheit und Anreiz für außergerichtliche Verfahren bedeutet.

Thema Arbeitnehmervertretungen: Macron fusionierte die bisher bestehenden drei Arbeitnehmer-vertretungen Personalvertreter, Betriebsrat und Ausschuss für Sicherheit am Arbeitsplatz, in eine einzige neue: den sogenannten Wirtschafts- und Sozialausschuss, die neue Form des französischen Betriebsrats. Die bisherigen Befugnisse wurden dabei zwar weitgehend beibehalten, aber die Anhörungsverfahren im französischen Betriebsverfassungsrecht werden dafür einfacher.

Thema Flexibilität: Dies ist wohl der Bereich, in dem die Reform am weitesten geht, denn hier wurde ein grundlegendes Ordnungsprinzip im Arbeitsrecht ausgehebelt: das Günstigkeitsprinzip, und zwar im Vergleich zwischen Branchenkollektivvertrag und Betriebsvereinbarung. Branchenkollektivverträge, zum Beispiel für die Metallindustrie, die Chemiebranche, den Großhandel usw. haben in Frankreich eine zentrale regelnde Rolle. Ab sofort kann von diesen Branchenkollektivverträgen per Betriebsvereinbarung abgewichen werden.        


Beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen galt bisher  ein weitreichendes Verhandlungsmonopol der Gewerkschaften. Wer keine Gewerkschaftsvertreter hatte, konnte in der Regel auch keine Betriebsvereinbarung abschließen. Das wird nun anders: Betriebsvereinbarungen können, falls es im Unternehmen keine Gewerkschaftsvertreter gibt, nun auch mit dem Betriebsrat, und in kleinen Unternehmen sogar direkt mit den Mitarbeitern per Referendum abgeschlossen werden. Hier ergeben sich neue Freiräume: auch hier wird ganz auf die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite auf lokaler Ebene gesetzt, um zu ausgewogenen Lösungen zu kommen.

“Damit bringt die Reform insbesondere für kleinere Unternehmen, typischerweise auch Tochterunternehmen und Niederlassungen nichtfranzösischer Konzerne, viel Spielraum, den es vorher schlicht nicht gab. Man denke an Arbeitsplatzsicherung gegen flexiblere Arbeitszeiten “, so Rubner.

Der französische Arbeitsrechtsexperte bewertet die Reform als  fair und ausgewogen. “Und damit ist vielleicht sogar das wichtigste erreicht worden: ein gewisser Konsens. Eine etwas bessere Stimmung im Lande”, so Rubner. Und ein besseres Image international: The Economist hat Frankreich zum „Country of the Year 2017“ gekrönt – wegen Macrons Reformen.

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